Wenn ich Tischdecken bügle, muß ich immer an meine Oma denken. Wir haben früher in Leipzig-Gohlis gewohnt, in einer ruhigen Gegend, 4-etagige Häuser, dazwischen breite grüne Höfe, kaum Verkehr. Auf den schmalen Straßen konnten wir Federball spielen und Radfahren lernen, und im Hof spielten wir Ball, obwohl´s verboten war, und „Fischer, wie hoch ist das Wasser“ … Nicht jede Familie hatte ein Auto, und so war viel Platz auf der Straße für uns Kinder. Fast klingt´s wie eine Erinnerung an die 50er Jahre, aber es waren die frühen 80er in einer ruhigen Seitenstraße einer quirligen Stadt. Ungefähr einmal im Monat bestellte meine Oma „die Rolle“ .. „Die Rolle“ war ein Häuschen bei uns gleich um´s Eck, höchstens garagengroß, festverschlossen, … darin stand eine riesige Wäschemangel. Bettwäsche, Tischdecken und Vorhänge, die jeder Haushalt zu Hauf besaß und die im Hof oder auf dem Wäscheboden getrocknet waren, wurden einzeln in dieses hölzerne Ungetüm eingelegt, es setzte sich wie von Geisterhand in Bewegung und zog dann die Wäschestücke ein, … und unter tiefem Klackern und Rumpeln wurde durch Pressen und pures Schwergewicht jeder Knitter entfernt, jede Falte plattiert. Wenn ich dabei war, mußte ich Abstand halten, Oma hatte Sorge um meine Arme und Finger, und so stand ich denn mit dem gebotenen Respekt und staunte … und es roch nach frischer Wäsche … und das Rumpeln und unsere Stimmen hallten in dem kleinen Raum. Später ging ich nicht mehr mit (es gab spannendere Dinge als Wäsche), aber Oma zog immer noch los, ich sehe sie noch mit dem Blick aus meinem Zimmer in der 3. Etage, wie die Wäsche im Korb gepackt auf dem Hawazuzi (HAndWAgenZUmZIehen) stand, und sie, ihn hinter sich herziehend, die Straße hinunterläuft. Meine Oma ist schon viele Jahre tot, aber ich bügle meine Decken und Laken und Bettbezüge noch immer auf IHREM Bügelbrett, das unkaputtbar scheint, … und wenn dann alles vor mir liegt, und ich streiche mit den Fingern darüber, … über den glatten, weißen Stoff, … fühlt es sich gleichzeitig kühl und ganz warm an … fast so wie damals. 🙂